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Mit einem Testament oder Erbvertrag kann man Einfluss auf die Regelung des eigenen Nachlasses nehmen. Demgegenüber bleibt häufig die Frage ungeregelt, wer sich um die lebzeitigen Angelegenheiten einer Person kümmert, wenn sie selbst hierzu nicht mehr in der Lage ist (z. B. aufgrund Alters, Krankheit, Gebrechlichkeit). Hier setzen Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung und Patientenverfügung an, die sorgfältig zu unterscheiden sind.
A.
Die gesetzliche Regelung: Betreuung
Wer
nicht mehr geschäftsfähig ist oder sonst seine Angelegenheiten nicht
mehr selbst regeln kann, erhält einen gesetzlichen Vertreter, den
Betreuer (früher: „Vormund“). Unzutreffend ist die weit verbreitete
Vorstellung, Ehegatten oder Kinder könnten in diesem Fall automatisch
für ihre Angehörigen handeln. Eine derartige Vertretungsmacht für nahe
Angehörige kennt das Gesetz nicht.
Näheres zum Betreuer regelt
das Gesetz in §§ 1896 ff. BGB, insbesondere Details zu Bestellung und
Umfang der Vertretungsbefugnis. Der Betreuer wird vom Betreuungsgericht
eingesetzt und auch kontrolliert; so besteht eine umfassende
Rechenschaftspflicht. Bei der Auswahl der Person des Betreuers steht dem
Gericht ein großer Spielraum zu. So kann es den Ehegatten oder ein Kind
bestellen, verpflichtet hierzu ist es jedoch nicht. Die gerichtliche
Kontrolle bleibt dem Betreuer auch dann nicht erspart, wenn ein naher
Angehöriger, etwa Kind oder Ehegatte, zum Betreuer bestellt wird,
allenfalls sind in diesem Fall gewisse Erleichterungen möglich. Zur
gerichtlichen Kontrolle gehört auch, dass der Betreuer für bestimmte
Rechtsgeschäfte eine Genehmigung des Betreuungsgerichts benötigt
(insbesondere bei grundstücksbezogenen Geschäften).
Betreuungsverfügung
Wer
die gerichtliche Kontrolle des eigenen Vertreters für angemessen
erachtet, wer also grundsätzlich die gesetzliche Betreuung für sich als
sachgerecht ansieht, dem eröffnet das Gesetz das Recht, mittels einer
Betreuungsverfügung Einfluss auf die Person des Betreuers zu nehmen,
also zu bestimmen, wer zum Betreuer bestellt oder wer nicht bestellt
werden soll. Ferner können in einer Betreuungsverfügung auch Wünsche zur
Ausführung der Betreuung (z. B. zu Lebensgestaltung oder Aufenthalt)
niedergelegt werden. Eine solche Betreuungsverfügung sollte zumindest
schriftlich erfolgen, soweit sie nicht notariell errichtet wird
(Notarkosten einer Betreuungsverfügung belaufen sich auf ca. 35 €).
B.
Die Alternative: Vorsorgevollmacht
Das
Betreuungsverfahren kostet Geld, das aus dem Vermögen des Betreuten
aufzubringen ist. Ferner wird die Betreuung, insbesondere wenn
familienfremde Betreuer bestellt werden, oft als starke Einschränkung
der Familie empfunden.
Diesen Bedenken gegen eine Betreuung hat auch
der Gesetzgeber Rechnung getragen, indem er die Betreuung als nachrangig
ausgestaltet hat. Eine Betreuung ist nach § 1896 Abs. 2 BGB nicht
erforderlich und darf somit nicht angeordnet werden, soweit für die
Angelegenheiten des Betreuten eine ausreichende Vollmacht besteht. Diese
Vollmacht wird auch als Vorsorgevollmacht bezeichnet.
Inhalt einer Vorsorgevollmacht
Üblicherweise
wird diese Vorsorgevollmacht als umfassende Generalvollmacht erteilt.
Sie umfasst typischerweise zwei Bereiche, nämlich
den Bereich der Vermögenssorge (z. B. Verfügung über Geld und
Bankkonten, Vornahme von Grundstücksgeschäften, Kündigung von
Mietverträgen, Vertretung gegenüber Behörden) und
den Bereich der persönlichen Angelegenheiten (z. B. Zustimmungen zu
ärztlichen Behandlungen und Operationen oder Nichterteilung einer
Zustimmung hierzu, Aufenthaltsbestimmung und Entscheidung über die
Unterbringung in einem Alten- oder Pflegeheim).
Ausgenommen sind höchstpersönliche Angelegenheiten (z. B. Eheschließung oder Testamentserrichtung).
Daneben empfiehlt es sich, bestimmte weitere Regelungen zur Vollmacht zu treffen, z. B.
zur Übertragbarkeit der Vollmacht (Befugnis zur Erteilung von Untervoll-macht),
zur Befugnis des Bevollmächtigten, Geschäfte mit sich selbst oder
als Vertreter eines Dritten für den Vollmachtgeber abzuschließen
(Anwendbarkeit des § 181 BGB),
zur Geltungsdauer der Vollmacht (auch bei Geschäftsunfähigkeit und auch über den Tod hinaus),
zum Verhältnis mehrerer Bevollmächtigter (s. u.).
Eine Vorsorgevollmacht stellt eine einseitige Erklärung des
Vollmachtgebers dar. Sie ist daher jederzeit widerruflich. Ein Widerruf
kann also insbesondere dann erfolgen, wenn der Vollmachtgeber das
Vertrauen in den Bevollmächtigten verloren hat. In diesem Fall empfiehlt
es sich, von dem Bevollmächtigten auch die Vollmachtsurkunde
zurückzuverlangen, um Missbrauch zu verhindern.
Die Person des Vorsorgebevollmächtigten
Für
jede Vollmacht gilt: Wichtig ist die sorgfältige Auswahl der Person des
Bevollmächtigten, da Vollmachten immer ein großes Vertrauen
voraussetzen. Bei jeder Vollmacht besteht die Gefahr des Missbrauchs
durch den Bevollmächtigten. Diese ist bei der Vorsorgevollmacht
besonders groß, weil der Anwendungsbereich der Vollmacht sehr weit ist.
Anders als der Betreuer unterliegt der Bevollmächtigte keiner
gerichtlichen Kontrolle. Er ist nur dem Vollmachtgeber gegenüber
verantwortlich, insbesondere ist er nach den Regeln zum Auftrag
auskunfts- und rechenschaftspflichtig, ggf. auch gegenüber den Erben des
Vollmachtgebers. Diese Pflicht kann ggf. eingeschränkt werden.
Grundsätzlich
können beliebig viele Personen bevollmächtigt werden. Werden mehrere
Personen bevollmächtigt (z. B. Ehepartner und Kinder), so ist
klarzustellen, ob jeder Bevollmächtigte einzeln handeln kann oder ob nur
mehrere Bevollmächtigte gemeinsam handeln können. Werden mehrere
Personen in der Weise bevollmächtigt, dass sie nur gemeinsam handeln
können, so verringert dies wegen der wechselseitigen Kontrolle die
Missbrauchsgefahr; die praktische Handhabung der Vollmacht wird
hierdurch jedoch erschwert.
Betreuungsgerichtliche Genehmigung einzelner Maßnahmen
Der
Vorsorgebevollmächtigte benötigt im Grundsatz für keine seiner
Handlungen eine Genehmigung des Betreuungsgerichts (anders als der
Betreuer). Dies macht die Vorsorgevollmacht gegenüber der Betreuung
deutlich flexibler. In bestimmten Fällen aber bedarf die
Nichteinwilligung in Behandlungsmaßnahmen oder deren Abbruch der
Genehmigung durch das Betreuungsgericht. Dies gilt, wenn die Maßnahme
medizinisch angezeigt ist und die begründete Gefahr besteht, dass der
Patient aufgrund des Unterbleibens oder des Abbruchs der Maßnahme stirbt
oder einen schweren und länger dauernden gesundheitlichen Schaden
erleidet. Die betreuungsgerichtliche Genehmigung ist aber nur
erforderlich, wenn zwischen dem behandelnden Arzt und dem
Bevollmächtigtem kein Einvernehmen über den Willen des Patienten und den
vorgesehenen Behandlungsabbruch besteht.
Form der Vorsorgevollmacht und Vorteile der notariellen Vollmacht
Eine
Vollmacht kann grundsätzlich formfrei - also selbst mündlich - erteilt
werden, wobei Schriftform schon aus Beweisgründen zu empfehlen ist. Die
notarielle Vollmacht bietet jedoch einige Vorteile:
Sie ist auch für Grundstücksangelegenheiten (z. B. im Falle des
späteren Verkaufs des eigenen Hauses oder der eigenen Wohnung bei Umzug
in ein Betreutes Wohnen) und Registersachen verwendbar.
Der Notar prüft vor der Beurkundung die Geschäftsfähigkeit und
stellt dies auch in der Urkunde fest. Spätere Zweifel an der
Geschäftsfähigkeit des Vollmachtgebers sind damit stark erschwert.
Die Beurkundung bietet Sicherheit gegen Fälschungen und Fälschungs-einwände von dritter Seite.
Der Notar wird auf Wunsch der Beteiligten die Speicherung der
Vorsorge-vollmacht im Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer
veranlassen.
Der Notar kann jederzeit weitere Ausfertigungen der
Vollmachtsurkunde erteilen, wenn diese bei den Beteiligten abhanden
gekommen ist.
Der Notar achtet auf eine sachgerechte Formulierung, die auf die
konkreten Wünsche der Beteiligten zugeschnitten ist. Er belehrt die
Beteiligten über die rechtliche Tragweite ihrer Erklärungen.
Unter Umständen erkennen Banken, Sparkassen und Behörden privatschriftliche Vollmachten nicht an.
Die Kosten der Beurkundung einer Vorsorgevollmacht richten sich nach dem Vermögen des Vollmachtgebers. Aufgrund der Regelungen im notariellen Kostenrecht sind Vollmachten aber vergleichsweise kostengünstig. So entstehen bei einem Vermögen zwischen 50.000 € und 100.000 € Kosten in Höhe von ca. 85 € bis 130 €.
C.
Die Patientenverfügung
Die
Patientenverfügung hält persönliche Wünsche und Vorstellungen des
Verfügenden für den Fall fest, dass er diese Wünsche nicht mehr
persönlich äußern kann (z. B. im Fall einer schweren Erkrankung).
Typischer Inhalt einer Patientenverfügung kann etwa sein
der Wunsch, nicht künstlich am Leben erhalten zu werden, obwohl
keine Hoffnung auf Besserung des Gesundheitszustandes mehr besteht,
der Wunsch, im Zweifel lieber Schmerzmittel verabreicht zu erhalten als z. B. eine fast aussichtslose Chemotherapie,
die Festlegung der Vorstellungen für eine menschenwürdige Gestaltung
des letzten Lebensabschnittes, etwa soweit irgend möglich die Pflege zu
Hause und in gewohnter Umgebung,
der Wunsch, lebenserhaltende Maßnahmen soweit irgend möglich vorzunehmen.
Die Patientenverfügung ist mit Wirkung vom 1. September 2009 gesetzlich geregelt. Es gilt nunmehr - stark vereinfacht - Folgendes:
Die Patientenverfügung ist mindestens schriftlich abzufassen; der Widerruf der Patientenverfügung ist jederzeit formlos möglich.
Die Patientenverfügung regelt, ob in bestimmte, zum Zeitpunkt der
Festlegung noch nicht unmittelbar bevorstehende medizinische
Behandlungen (z. B. Untersuchungen, Operationen) eingewilligt wird oder
solche untersagt werden.
Patientenverfügungen gelten für alle Stadien einer Erkrankung. Es
gibt keine Reichweitenbeschränkung, insbesondere muss sich der Patient
nicht im Sterben befinden.
Treffen die Festlegungen einer Patientenverfügung nicht auf die
aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zu, hat der Betreuer oder
Vorsorgebevollmächtigte die Behandlungswünsche festzustellen und auf
dieser Grundlage zu entscheiden; die in der Patientenverfügung
enthaltenen Regelungen können hierzu konkrete Anhaltspunkte liefern.
Die regelmäßige Wiederholung der Patientenverfügung ist nicht erforderlich.
Die Patientenverfügung ist grundsätzlich bindend und vom (gerichtlich bestellten) Betreuer oder vom Vorsorgebevollmächtigten im konkreten Fall umzusetzen. Für das Verfahren gilt dabei Folgendes: Besteht zwischen dem behandelnden Arzt und dem Betreuer oder Bevollmächtigten Einigkeit über die Wünsche des Patienten, so bedürfen ärztliche Maßnahmen, deren Unterlassen oder Beendigung keinerlei Genehmigung durch das Betreuungsgericht mehr. Lässt sich eine Einigung hingegen nicht erzielen, so ist das Betreuungsgericht zur Entscheidung berufen.
Die Patientenverfügung ist also gerade für den, der für sich lebensverlängernde Maßnahmen bei hoffnungslosen Krankheitsverläufen ablehnt, unerlässlich. Denn ohne diese muss auf anderen Grundlagen, z. B. vorhergehenden mündlichen Äußerungen, sein mutmaßlicher Wunsch ermittelt werden. Nur wenn ein solcher Wunsch zweifelsfrei festzustellen ist, wird sich das notwenige Einvernehmen zwischen Arzt und Betreuer oder Bevollmächtigten herstellen lassen oder das Betreuungsgericht die etwa erforderliche Genehmigung er-teilen.
Patientenverfügungen
können schriftlich errichtet werden. Zur besseren Akzeptanz bei Gericht
und Ärzten ist die Errichtung beim Notar ratsam. Der Notar klärt den
Betroffenen auf, stellt seine Geschäftsfähigkeit fest und formuliert
auch die individuellen Wünsche.
Wichtig ist, dass der Verfügende sich
selbst mit dem Inhalt auseinandersetzt und Formulare nicht vorbehaltlos
übernimmt. Vielmehr ist eine Anpassung an die jeweilige Lebenssituation
unerlässlich: Je nachdem, ob man die Patientenverfügung nur rein
vorsorglich errichtet oder aus Anlass einer konkreten Erkrankung oder
bevorstehenden Operation, sollte sie unterschiedlich formuliert sein.
Die Notarkosten einer Patientenverfügung entsprechen denen einer Betreuungsverfügung (ca. 35 €).
D.
Das Zentrale Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer
Die
beste Vorsorge nützt nichts, wenn die entsprechenden Schriftstücke im
Ernstfall nicht aufgefunden und den zuständigen Behörden daher nicht
bekannt werden. Daher empfiehlt es sich, nach Errichtung einer
Vorsorgeurkunde (Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung oder
Patientenverfügung) weitere Maßnahmen zu ergreifen.
Aus diesem Grund
besteht die Möglichkeit, Vorsorgeurkunden im Zentralen Vorsorgeregister
der Bundesnotarkammer registrieren zu lassen. Es handelt sich hierbei um
ein von der Bundesnotarkammer für ganz Deutschland geführtes Register,
in dem Vorsorgevollmachten, Betreuungsverfügungen und
Patientenverfügungen gespeichert werden können, wobei der Inhalt der
Urkunden selbstverständlich vertraulich bleibt. Betreuungsgerichte
prüfen etwa vor der Bestellung eines Betreuers durch Registerabfrage, ob
eine Vorsorgevollmacht besteht. Dadurch kann eine unnötige
Betreuerbestellung vermieden werden.
Auch rein privat errichtete
Urkunden können in dem Register gespeichert werden. Für die
Registrierung fällt eine geringe Gebühr an.
E.
Weitere Informationen
Das Bayerische
Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz gibt in seiner
Broschüre „Vorsorge für Unfall, Krankheit und Alter“ nähere
Informationen zum Thema. Die Broschüre kann im Internet unter
www.justiz.bayern.de heruntergeladen oder im Buchhandel (Verlag C. H.
Beck, ISBN 978-3-406-62850-4, Preis: 4,40 €) bestellt werden.
Selbstverständlich können Sie sich auch individuell etwa durch Juristen, Mediziner, Geistliche oder Betreuungsvereine beraten lassen.
Schließlich erhalten Sie weitere Informationen auch beim Notar Ihrer Wahl. Jeder Notar Ihrer Wahl berät Sie gerne und umfassend!
F.
Hinweis
Bitte beachten Sie: Die
Zusammenstellung sämtlicher Angaben in diesem Merk-blatt ist mit
äußerster Sorgfalt erfolgt. Eine Haftung kann gleichwohl nicht
übernommen werden. Ein Merkblatt ersetzt keine persönliche, auf den
Einzelfall abgestimmte rechtliche Beratung. Daher gilt: Scheuen Sie sich
nicht und nehmen Sie Kontakt zu uns auf!
Dr. Christoph Suttmann,
LL.M. (Columbia)
Mühlgasse 1
86637 Wertingen
Tel.: 0 82 72 / 20 91
Fax: 0 82 72 / 51 32
E-Mail: info@notar-suttmann.de